Moskau / Russland - Der Stromausfall in Moskau der vergangenen Tage könnte laut der Tageszeitung "Wremja Nowostej" eine gezielte Aktion gewesen sein, um den entsprechenden Minister, welcher nicht Putins Vorstellungen entspricht, abzusezten. Der Präsident bekommt gewichtige Argumente für eine Entlassung von Anatoli Tschubais, Chef der Stromholding RAO EES.
Tschubais ist der letzte Leiter eines natürlichen russischen Monopolisten, der nicht aus Putins Team stammt, im Unterschied zum Gasprom-Chef Alexej Miller oder zu der Macht der absolut loyalen und unpolitischen Firgur des Leiters der Gesellschaft Russische Eisenbahnen (RZD), Gennadi Fadejew.
Es geht darum, wie der Kreml auf die äußerst anfechtbare Lage reagieren wird, in die sein potentieller politischer Opponent geraten ist. Zwar hat Tschubais nach der Niederlage der liberalen Partei Union der Rechtskräfte (zu deren Spitzenfiguren er gehörte) bei den Staatsduma-Wahlen 2003 keine Putin-feindlichen Äußerungen gemacht, er bleibt dennoch zweifellos eine der größten Schattenfiguren einer eventuell vereinigten rechtsliberalen Opposition. In dieser Situation gerät die Macht (insbesondere die "Silowiki") in die Versuchung, Tschubais durch einen Menschen aus eigenen Reihen zu ersetzen. Der Staat besitzt das Kontrollaktienpaket der Stromholding.
Die Moskauer Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen und Tschubai zur Untersuchung vorgeladen.
Der Kampf um die kontrolle der Energiebversorgung Russlands nimmt immer groteskere Züge an. Nachden Yukos zerschlagen wurde, fand vorgestern ein Anschlag auf den Regionalchef der ehemaligen Yukos-Tochter Yuganskneftegas, Sergej Burow, statt. Russische Nachrichtenagenturen berichten, dass er, als er sein Haus verließ, mit einem Maschinengewehr beschossen wurde.
Burow ist seit Dezember 2002 Regionaldirektor des Unternehmens und ist zugleich Vorsitzender der Regionalgruppe der Kreml - treuen Partei Einiges Russland.
Yuganskneftegas war im Dezember 2004 im Zuge der Zerschlagung des Yukos-Konzerns zwangsversteigert worden. Sie ging an die bis dahin unbekannte Baikal-Finanzgruppe, welche danach vom staatlichen Ölkonzern Rosneft gekauft wurde. Das Geschäft wurde scharf kritisiert, weil sich der Kreml Yuganskneftegas damit praktisch einverleibte und seine Kontrolle über die Energiequellen des Landes stärkte. Ex-Yukos-Chef Michail Chodorkowski steht derzeit wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Geldwäsche vor Gericht. Am Montag vergangener Woche hatte die Urteilsverkündung begonnen. Bis Mittwoch hatte die Richterin erst die Hälfte des Urteils verlesen.
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