Moskau / Russland - Die nächste 12. ISS-Mission startet am 1. Oktober ins All. Nach diesem Start sieht das ISS-Programm nicht mehr so aus wie früher. Russland wird die einzige Hoffnung für die ISS. Der Ausstieg der USA aus dem Projekt scheint beschlossen und besiegelt zu sein.
2010 wollen die USA ihre legendäre Space-Shuttle-Flotte außer Dienst stellen. Bis dahin sollen die US-Raumfähren laut Plan regelmäßig zur ISS fliegen. Wann der nächste Start stattfindet, ist indessen unklar. Der ursprüngliche Termin - März 2006 - galt von vorn herein als unrealistisch, noch vor dem verheerenden Hurrikan Katrina, sagt Shuttle-Programm-Manager Wayne Hale. Dass ein Shuttle im Mai starten wird, sei ebenfalls kaum wahrscheinlich.
Am 1. Januar 2006 erlischt zudem die Verpflichtung der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, US-Astronauten unentgeltlich zur ISS zu bringen. Danach wäre nur eine kommerzielle Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten möglich, was entsprechende bilaterale Vereinbarungen voraussetzt. Diese gibt es noch nicht. Hinzu kommt, dass nur der US-Kongress befugt ist, Zahlungen an Roskosmos zu genehmigen. Mit seiner einhelligen Zustimmung ist wohl kaum zu rechnen.
Anders gesagt, kann es sehr gut sein, dass die Amerikaner demnächst auf der Erde bleiben werden. Außerdem ist unklar, wie oft die Shuttle bis 2010 ins All fliegen werden. Die ursprüngliche Zahl - 28 Flüge - war nicht ausreichend, um die Internationale Raumstation fertig zu stellen. Nach "Katrina" scheinen auch diese Pläne unrealistisch zu sein.
Wer sich vornimmt, die Logik der NASA-Führung zu verstehen, stellt fest, dass es entweder keine gibt oder die Amerikaner künftig allein auf russische Raumschiffe setzen. In diesem Fall klingt die Frage, ob die Amerikaner die ISS brauchen, rhetorisch.
NASA-Chef Michael Griffin kündigte am 19. September an, seine Behörde wolle ein grundsätzlich neues Raumschiff entwickeln, das bereits 2018 US-Astronauten zum Mond bringen soll.
Das Crew Exploration Vehicle (CEV), das den Space Shuttle ersetzen soll, ist ausschließlich für interplanetare Flüge konzipiert und hat keine Kopplungsadapter für die ISS.
Laut Griffin werden die Amerikaner ab 2010 mehrere Jahre zu Hause sitzen müssen, bevor das CEV startklar ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist aber auch die Internationale Raumstation womöglich nicht mehr in Betrieb. Ohne Shuttles kann die ISS nicht fertig gebaut werden und funktioniert dann höchstens bis 2015.
Trotzdem will Russland seine ISS-Pläne nicht aufgeben. Roskosmos erarbeitete noch vor einem Jahr Maßnahmen für den Fall, dass die USA aus dem ISS-Programm aussteigt. Wenn die regelmäßigen Shuttle-Flüge im März 2006 nicht wiederaufgenommen werden, könne Russland den Betrieb der ISS weiter mit seinen Sojus und Progress sicherstellen, versichert Nikolai Sewastjanow, Generaldirektor der russischen Raketenbau-Korporation Energija.
Im Jahre 2009 könnte Russland bis zu vier Sojus-Schiffe im Jahr zur ISS schicken, meint Sewastjanow. "Bis 2007, 2009 werden wir nach Maßgabe der Streichung der Shuttle-Flüge mehr Sojus ins All schicken. Ich schließe nicht aus, dass 2009 vier Sojus zur ISS fliegen", sagte er weiter. Zur Zeit schickt Russland nur zwei Schiffe im Jahr zur ISS.
In einer Stellungnahme zu dem jüngsten Vorschlag von Roskosmos, zusätzliche Raumschiffe zu bauen und sie als Reserve auf dem Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan unterzubringen, sagte Sewastjanow, Energija könnte die Produktion ausbauen, wenn die Finanzierung ausreichend sei.
Die letzte Aussage klingt durchaus optimistisch, denn die russische Regierung hatte Roskosmos kürzlich die zusätzliche Finanzierung für das neue nationale Raumprogramm bewilligt. In dem Programm geht Roskosmos davon aus, dass Russland sein ISS-Modul im Alleingang fertig stellen wird.
© 2005 www.paranews.net, (JB)
|