Berlin / Moskau - Shuttle-Flüge werden für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Was wird nun mit der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit im ISS-Programm, das heute im Bereich der bemannten Raumfahrt das Umfassendste ist und sich bis heute auf die transportseitige Absicherung durch US-Shuttles und russische "Sojus"-Schiffe gestützt hat? Hierbei waren die Abmessungen vieler Segmente der Raumstation, so des russischen perspektivischen Mehrzweck-Labormoduls FGB-2, ursprünglich gerade für die Beförderung durch amerikanische Raumfähren ausgelegt.
Nach dem Unglück mit dem Raumschiff "Columbia" vor zweieinhalb Jahren wurde das gesamte ISS-Programm fast völlig eingefroren, wobei die Tätigkeit der reduzierten zweiköpfigen Besatzung auf die elementare Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit der Raumstation beschränkt wurde, was nur bemannt möglich ist. Dabei verlagerte sich die ganze Last beim Besatzungswechsel und bei der Versorgung auf russische bemannte "Sojus"-Raumschiffe und automatische "Progress"-Raumtransporter.
Die Situation verkompliziert sich noch mehr, wenn zum Jahresschluss die vertraglichen Verpflichtungen Russlands zur Beförderung amerikanischer Astronauten zur ISS ablaufen. Also werden die US-Partner ab Januar 2006 für Plätze in "Sojus"-Raumschiffen zahlen müssen, wenn sie sich entscheiden, ein russisches Schiff in Anspruch zu nehmen. Und sie werden wohl nicht umhin können.
Wie NASA-Direktor Michael Griffin eingestand, werden die USA den Orbitalkomplex ohne Russland nicht effektiv nutzen können. Und zwar nicht nur wegen der technischen Störungen in der "Discovery".
Das Problem besteht darin, dass das US-Gesetz über die Nichtweiterverbreitung von Raketentechnologien hinsichtlich Irans aus dem Jahre 2000 der NASA verbietet, Zahlungen an Roskomsos zu leisten oder mit dieser Agentur Waren und Leistungen nach dem ISS-Programm auszutauschen, bis die USA-Administration den Kongress davon überzeugen kann, dass aus Russland keine Raketentechnologien nach Iran gelangen. Die Amerikaner scheinen sich der Schwäche der Shuttles bewusst zu sein. Zugleich demonstrieren sie ihr Festhalten an dem ISS-Programm. Deshalb haben Michael Griffin und US-Außenministerin Condoleezza Rice Mitte Juli in einem Schreiben an die amerikanischen Gesetzgeber gebeten, an dem genannten Gesetz Änderungen vorzunehmen.
Sollten diese vorgenommen werden, wird die russisch-amerikanische Zusammenarbeit beim ISS-Programm auf kommerzielle Basis umgestellt und fortgesetzt. Die russische Raumfahrtbranche wird dann die übermäßige finanzielle Belastung bei der Versorgung der ISS los, die sie nach der "Columbia"-Katastrophe tragen musste. Wenn nicht, dann wird Russland seine Pläne auf dem Gebiet der bemannten Raumfahrt ändern müssen. Aber Russland und die USA sind als zwei führende Raumfahrtmächte zur Zusammenarbeit "verdammt".
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